Erstmals deutscher Elitesoldat in Afghanistan getötet
5. Mai 2013, 16:33
Erster gefallener Bundeswehr-Soldat seit fast zwei Jahren – Soldat starb durch Beschuss in der Unruhe-Provinz Baghlan
Berlin/Kabul – Erstmals seit fast zwei Jahren ist wieder ein deutscher Soldat in Afghanistan getötet worden. Die Bundeswehr teilte am Sonntag mit, ein weiterer deutscher Soldat sei beim Beschuss durch Aufständische am Samstag in Nordafghanistan verwundet worden. Beide gehörten der Elitetruppe Kommando Spezialkräfte (KSK) an. “Es ist der erste KSK-Soldat, der in Afghanistan gefallen ist”, sagte Verteidigungsminister Thomas de Maizière in Berlin. Er zeigte sich erschüttert. “Ich bin unendlich traurig.”
Außer dem Deutschen wurden am Samstag sieben US-Soldaten in Afghanistan getötet. Für die Internationale Schutztruppe ISAF war es der verlustreichste Tag seit Jahresbeginn. De Maizière sagte dazu: “Das war ein bitterer, ein blutiger Tag in Afghanistan. Wir werden ihn nicht vergessen.”
Die Bundeswehr teilte mit, die KSK-Soldaten hätten eine afghanische Operation unterstützt. Die Sicherheitskräfte seien bei einer Operation in der Provinz Baghlan unter Beschuss geraten und hätten Luftunterstützung angefordert. Bei der späteren Erkundung der Schäden durch das Bombardement seien die deutschen Soldaten und afghanische Polizisten erneut beschossen worden. “Dabei wurden ein deutscher Soldat getötet und ein deutscher Soldat verwundet.” Der Verwundete ist nach Angaben de Maizières außer Lebensgefahr.
53 tote Deutsche
Der Afghanistan-Einsatz kostete bisher 53 deutsche Soldaten das Leben. 35 davon starben bei Angriffen und Anschlägen. Über die Aktivitäten des KSK in Afghanistan ist nur wenig bekannt. Die Operationen der Kommandosoldaten werden geheim gehalten.
Zu einem weiteren Zwischenfall kam es in der Nacht auf Sonntag. Aufständische beschossen zwei Bundeswehr-Hubschrauber in Afghanistan, niemand sei verletzt worden, teilte die Bundeswehr mit. Die Helikopter des Typs CH-53 seien nicht beschädigt worden. Aufständische hätten die Hubschrauber, die von der nordafghanischen Provinz Baghlan in die Hauptstadt Kabul unterwegs waren, mit Flugabwehr- und Handfeuerwaffen angegriffen.
De Maizière sagte zum Tod des Soldaten: “Das ist eine schmerzliche, bittere Nachricht.” Der Angriff werde an der Strategie der Bundeswehr in Afghanistan aber nichts ändern. “Der Weg bleibt richtig”, sagte der Minister. Das gelte auch für die geplante Truppenpräsenz nach dem Ende des NATO-Kampfeinsatzes 2014. “Wir lassen das afghanische Volk nicht im Stich.”
Der deutsche Außenminister Guido Westerwelle sprach von einem “schweren Rückschlag für unseren Einsatz”. Trotzdem bleibe es beim vorgesehenen Zeitplan, die deutschen Kampftruppen bis Ende 2014 abzuziehen und den afghanischen Sicherheitskräften die Verantwortung zu überlassen. “Wir werden dem Terror und den Terroristen nicht nachgeben.” Die Gewalt in Afghanistan hat wieder zugenommen. Am Sonntag vergangener Woche riefen die Taliban den Beginn ihrer Frühjahrsoffensive aus.
Bei einem Sprengstoffanschlag in der südafghanischen Provinz Kandahar wurden am Samstag fünf US-Soldaten getötet. Ebenfalls am Samstag erschoss ein afghanischer Soldat in der westafghanischen Provinz Farah zwei seiner amerikanischen Ausbilder. Auch der Attentäter wurde getötet. Aus afghanischen Sicherheitskreisen hieß es, es habe Streit zwischen den Soldaten gegeben. Die Taliban teilten dagegen mit, der Attentäter sei einer ihrer Schläfer gewesen.(APA, 5.5.2013)
Afghanischer Soldat erschoss zwei ISAF-Soldaten
4. Mai 2013, 22:46
“Insider-Angriff” in westlicher Provinz Farah – Fünf US-Soldaten bei Bombenanschlag getötet
Kabul/Brüssel – Ein afghanischer Soldat hat nach offiziellen Angaben zwei ISAF-Soldaten erschossen. Der Soldat habe am Samstag im Westen Afghanistans seine Waffe gegen die NATO-Soldaten gerichtet, teilte die ISAF mit. Zur Nationalität der beiden Todesopfer machte sie wie üblich keine Angaben. In Farah sind insbesondere US-Soldaten stationiert.
Der Gouverneur von Farah, Akram Chpalwak, sagte der Nachrichtenagentur AFP, der Vorfall habe sich im Bezirk Bala Buluk ereignet. Nähere Angaben konnte er nicht machen.
Misstrauen
Die NATO-geführten Truppen kämpfen gemeinsam mit der afghanischen Armee gegen islamistische Aufständische. Allerdings gibt es immer wieder Angriffe afghanischer Soldaten auf ausländische Truppen, was Misstrauen zwischen beiden Seiten schürt. Vergangenes Jahr waren mehr als 60 ausländische Soldaten bei sogenannten Insider-Angriffen ums Leben gekommen.
Die Taliban hatten weitere derartige Angriffe angekündigt, als sie vor einer Woche ihre Frühjahrsoffensive starteten. Die NATO vertritt jedoch den Standpunkt, dass die meisten Insider-Angriffe auf persönliche Motive und kulturelle Missverständnisse zurückzuführen sind.
Ebenfalls am Samstag waren nach Angaben afghanischer Behörden fünf US-Soldaten im Süden des Landes getötet worden. Die NATO bestätigte den tödlichen Anschlag, ohne Angaben zur Nationalität der Opfer zu machen. Die internationalen Streitkräfte wollen die Verantwortung für die Sicherheit bis Ende 2014 vollständig an die afghanischen Sicherheitskräfte übergeben. (APA, 4.5.2013)
Anzahl gefallener oder verunglückter Soldaten von westlichen Staaten**, die an der Operation Enduring Freedom in Afghanistan beteiligt sind, von 2001 bis 2013*
2013*
|
39
|
33
|
3
|
0
|
0
|
0
|
2012
|
402
|
310
|
44
|
0
|
0
|
8
|
2011
|
566
|
418
|
46
|
4
|
7
|
26
|
2010
|
711
|
499
|
103
|
16
|
9
|
16
|
2009
|
521
|
317
|
108
|
32
|
7
|
11
|
2008
|
295
|
155
|
51
|
32
|
3
|
11
|
2007
|
232
|
117
|
42
|
30
|
7
|
3
|
2006
|
191
|
98
|
39
|
36
|
0
|
6
|
2005
|
131
|
99
|
1
|
1
|
4
|
2
|
2004
|
60
|
52
|
1
|
1
|
0
|
3
|
2003
|
58
|
48
|
0
|
2
|
6
|
0
|
2002
|
70
|
49
|
3
|
4
|
10
|
0
|
2001
|
12
|
12
|
0
|
0
|
0
|
0
|
Traurige neue Rekordmarke: Mehr als 3.000 tote Soldaten in Afghanistan
Die traurige neue Rekordmarke ist am Wochenende ohne größere öffentliche Aufmerksamkeit erreicht worden: Im Afghanistan-Einsatz sind – bei den Einsätzen von ISAF und der Operation Enduring Freedom zusammengenommen – mittlerweile mehr als 3.000 Soldaten ums Leben gekommen. Das zeigt die Statistik der Webseite icasualties.org, die darüber penibel Buch führt:
In dieser Statistik sind Gefallene ebenso enthalten wie die Soldaten, die durch Unfälle, Krankheiten oder andere Ursachen ums Leben kamen – allerdings machen die non-hostile fatalities mit 577 einen relativ geringen Teil aus.
Zum Vergleich die deutsche Statistik aus dem ISAF-Einsatz: Nach den offiziellen Zahlen der Bundeswehr kamen am Hindukusch 52 Soldaten ums Leben, 34 davon fielen durch Feindeinwirkung, 18 durch sonstige Umstände (was unter anderem Selbsttötungen einschließt).
(Ich hätte diese neue Rekordmarke ebenfalls nicht gesehen, wenn mich nicht dankenswerterweise ein Leser darauf hingewiesen hätte.)
Trotz dieser enormen Zahl sollte man sich einer Tatsache bewusst sein: Der Blutzoll afghanischer Sicherheitskräfte von Polizei und Armee, vor allem aber die Zahl der Opfer unter der afghanischen Zivilbevölkerung liegt ein Mehrfaches über dem, was die internationalen Truppen erleiden mussten.