Grüner fordert Asyl für Snowden und Manning: “Bradley Manning und Edward Snowden retten den Ruf ihrer Heimat, der USA” Der Informant über die weltweite US-Bespitzelung sucht nun Er suche nun “Asyl bei jedem Land, das an Redefreiheit glaubt und dagegen eintritt, die weltweite Privatsphäre zu opfern” – Internationale Empörung über US-Aktion gegen Privatsphäre – In Berlin und London wurden am Wochenende Beratungen in den Parlamenten zum Thema angekündigt. Der deutsche Datenschutzbeauftragte Peter Schaar sagte am Wochenende dem WDR, die deutsche Regierung müsse sich für einen Stopp derartiger Programme einsetzen.

US-Spitzelaffäre: Informant sucht Asylland
10. Juni 2013, 15:01

foto: ap/the guardian

Edward Snowden ging freiwillig an die Öffentlichkeit.

Ex-Geheimdienstmitarbeiter Edward Snowden “will nicht in einer Gesellschaft leben, die so etwas macht”

London/Washington – Der junge US-Bürger, der hinter den Enthüllungen über massive Internet-Spionageaktionen der US-Regierung steckt, sucht Asyl. Der 29-jährige Techniker Edward Snowden enttarnte sich am Sonntag selbst. Er ist ein ehemaliger CIA-Mitarbeiter, der zuletzt beim Militärnachrichtendienst National Security Agency (NSA) im Einsatz war.
MEHR ZUM THEMA
Washington:Günstig hin & retour: austrian.com
Werbung

Er wolle mit dem Geheimnisverrat die ausufernde Überwachung öffentlich machen, sagte Snowden dem britischen “Guardian”. “Sie haben keine Ahnung, was alles möglich ist”, sagte er über die Spionage-Möglichkeiten der NSA-Systeme. Er suche nun “Asyl bei jedem Land, das an Redefreiheit glaubt und dagegen eintritt, die weltweite Privatsphäre zu opfern”, erklärte Snowden der “Washington Post”.

Laut den von Snowden enthüllten Dokumenten sammelt die NSA in großem Stil Daten bei Internet-Diensten wie Google, Facebook, Microsoft, Apple und Yahoo. “Ich will nicht in einer Gesellschaft leben, die so etwas macht”, sagte Snowden dem “Guardian”. “Ich will nicht in einer Welt leben, in der alles, was ich mache und sage, aufgezeichnet wird.”
Pilz will Snowden nach Österreich holen

Der österreichische Nationalratsabgeordnete Peter Pilz von den Grünen kündigte auf seiner Faecebook-Seite an, politisches Asyl für den am Vortag aus der Anonymität getretenen NSA-“Whistleblower” Edward Snowden und den derzeit in den USA vor Gericht stehenden “Wikileaks”-Informanten Bradley Manning zu beantragen.

“Bradley Manning und Edward Snowden retten den Ruf ihrer Heimat, der USA”, begründet Pilz seinen Vorstoß. “Manning hat über Wikileaks wertvolle Informationen über US-Tötungen im Irak und über die US-Diplomatie veröffentlicht. Snowden hat jetzt das globale Überwachungsnetzwerk von NSA und FBI enttarnt. Beide haben mit hohem persönlichem Risiko weltweit Bürgerrechte und Informationsfreiheit verteidigt. Beide werden daher von Regierung, Justiz und Militär bedroht und verfolgt. Beide brauchen unsere Unterstützung. Ich werde daher heute Nachmittag im Nationalen Sicherheitsrat vorschlagen, Manning und Snowden politisches Asyl in Österreich anzubieten.”
Flucht nach Hongkong

Snowden beschrieb eine noch größere Dimension der Datensammlung, als die von ihm enthüllten Dokumente andeuten: “Die NSA hat eine Infrastruktur aufgebaut, die ihr erlaubt, fast alles abzufangen.” Damit werde der Großteil der menschlichen Kommunikation automatisch aufgesaugt. “Wenn ich in Ihre E-Mails oder in das Telefon Ihrer Frau hineinsehen wollte, müsste ich nur die abgefangenen Daten aufrufen. Ich kann Ihre E-Mails, Passwörter, Gesprächsdaten, Kreditkarteninformationen bekommen.”

Snowden war mit den Dokumenten nach Hongkong geflohen und sprach dort mit dem “Guardian”. Er ist sich über die Konsequenzen seines Handelns bewusst. “Nichts Gutes”, lautete seine Antwort auf die Frage, was mit ihm weiter passieren werde. Er gehe davon aus, dass er nie wieder mit seiner Familie und seinen Freunden Kontakt aufnehmen könne. Seine Hoffnung sei, dass ihn die Regierung von Hongkong nicht ausliefern werde, auch wenn ihm das Risiko einer Haftstrafe von Anfang an bewusst gewesen sei. “Ich glaube nicht, dass ich mein Zuhause jemals wiedersehen werde.”

Snowden agierte demnach bei der NSA, die auf Überwachung von Kommunikations-Infrastruktur spezialisiert ist, als Mitarbeiter mehrerer externer Unternehmen wie der Unternehmensberatung Booz Allen Hamilton und des PC-Herstellers Dell. Die US-Regierung hatte seine Vorwürfe weitgehend zurückgewiesen und betont, dass Daten bei US-Internet-Unternehmen nur auf Grundlage von Gerichtsbeschlüssen und nur selektiv angefordert würden. (APA, 9.6.2013)

Link

Guardian: Edward Snowden: the whistleblower behind revelations of NSA surveillance

http://derstandard.at/1369363146833/Informant-im-US-Spitzelskandal-gibt-Anonymitaet-auf

Internationale Empörung über US-Spitzelprogramm

Geheimdienstskandal erreicht britisches Parlament – Auch Deutschland fordert Aufklärung – US-Geheimdienstkoordinator Clapper kritisiert “leichtsinnige Enthüllungen”

Washington – Berichte über ein riesiges Internet-Überwachungsprogramm der USA haben in Europa für scharfe Kritik gesorgt. In Berlin und London wurden am Wochenende Beratungen in den Parlamenten zum Thema angekündigt.

In Großbritannien muss Außenminister William Hague am Montag im Parlament Stellung nehmen. Bereits am Sonntag bestritt er, dass britische Geheimdienste bei der Sammlung elektronischer Daten von Internetnutzern Gesetze verletzt haben. Aber er verweigerte eine Antwort auf die Frage, ob der britische Geheimdienst Zugriff auf “Prism” habe und ob er als zuständiger Minister die Erlaubnis dafür gegeben habe.

Auch in Berlin forderte der zuständige Ausschuss des Bundestages Aufklärung von den Amerikanern. Obama solle Bundeskanzlerin Angela Merkel bei einem am 19. Juni geplanten Treffen dazu Rede und Antwort stehen.
Direkter Server-Zugriff für NSA und FBI

Nach Informationen der “Washington Post” und des “Guardian” haben der US-Geheimdienst NSA und die Bundespolizei FBI die Möglichkeit, direkt auf die Server großer Internetfirmen wie Google zuzugreifen. Sie könnten so die Internetaktivitäten von Nutzern weltweit überwachen. Mehrere Internetkonzerne bestreiten jedoch, davon Kenntnis zu haben.

Betroffen sind neun Unternehmen, darunter auch Facebook, Microsoft und Apple. US-Präsident Barack Obama betonte, das Programm namens “Prism” sei vom Kongress gebilligt und seit dem Jahr 2006 mit überparteilicher Zustimmung wiederholt erneuert worden. Dem Präsidenten zufolge richtet sich die Internetüberwachung nicht gegen Bürger und Einwohner der USA.
USA verteidigen Programm: Nicht gegen US-Bürger gerichtet

Der Koordinator der US-Nachrichtendienste, James Clapper, verteidigte das Programm mit Nachdruck. Es sei legal, nicht gegen US-Bürger gerichtet und habe die USA vor Bedrohungen geschützt, erklärte er. Clapper kritisierte “leichtsinnige Enthüllungen” und warf den Medien vor, “bedeutende Fehldarstellungen” verbreitet zu haben. Nach Angaben von Obamas Vizesicherheitsberater Ben Rhodes prüft die US-Regierung juristische Schritte gegen die Veröffentlichungen.

Parallel zu der Erklärung veröffentlichte die US-Regierung Hintergrundinformationen zu dem Programm. Dabei soll es sich um ein “internes Computersystem der Regierung” handeln, mit dem diese leichter Informationen bearbeiten könne, die sie von Internetdienstleistern erhalte. Die Regierung könne nur dann eine Internetüberwachung anordnen, wenn es einen “zulässigen und dokumentierten geheimdienstlichen Zweck im Ausland” gebe. Darunter fielen der Kampf gegen den Terrorismus, die Verbreitung von Waffen und Cyberbedrohungen. In früheren Erklärungen der US-Regierung waren die letzten beiden Punkte bisher nicht aufgelistet worden.
Weitere Enthüllungen

Der deutsche Datenschutzbeauftragte Peter Schaar sagte am Wochenende dem WDR, die deutsche Regierung müsse sich für einen Stopp derartiger Programme einsetzen. Auch im britischen Parlament soll sich das für die Geheimdienste zuständige Gremium der Thematik annehmen. Er erwarte in den kommenden Tagen, möglicherweise bereits am Montag, einen Bericht der Regierung, erklärte der Ausschussvorsitzende, Malcolm Rifking.

Der “Guardian” setzte indes seine Enthüllungsserie fort und berichtete von einem System der NSA, das einen Überblick über die weltweit gesammelten Informationen gebe. Es heiße “Boundless Informant” (grenzenloser Informant) und zeige unter anderem an, wie sich die Daten auf einzelne Länder verteilen. Allein im März habe die NSA laut dem System 97 Milliarden Dateneinheiten aus Computernetzwerken in aller Welt gesammelt. Davon entfielen 14 Milliarden auf den Iran und 13,5 Milliarden auf Pakistan. (red, DER STANDARD, 10.6.2013)

http://derstandard.at/1369363127873/US-Ueberwachungsskandal-erreicht-britisches-Parlament

Das Gesetz zur Legitimierung der Überwachung
10. Juni 2013, 14:47

FISA sollte eigentlich die Geheimdienste kontrollieren – Im Laufe der Zeit wurde es zum Erfüllungsgehilfen der Nachrichtendienste, behaupten Kritiker

Die Idee für das Gesetz zur Überwachung der Auslandsgeheimdienste entstand Ende der 1970er Jahre als Reaktion auf die Aufarbeitung der Watergate Affäre. Der republikanische Präsident Richard Nixon hatte während seiner Amtszeit wiederholt Bundesbehörden missbraucht, um an Informationen über seine politischen Gegner zu kommen. 1974 musste er deshalb zurücktreten. Um ein derartige Kompetenzüberschreitungne in Zukunft zu vermeiden, sollte ein Regelwerk geschaffen werden, das einerseits die Privatsphäre der US-Bürger schützt und gleichzeitig aber auch die nationale Sicherheit der USA berücksichtigt – der FISA war geboren.
MEHR ZUM THEMA
Washington:Günstig hin & retour: austrian.com
Werbung
Kontrolle der Geheimdienste

Es war im Mai 1977 als der demokratische Senator Ted Kennedy, der jüngste Brüder von John F. und Robert Kennedy, ein Gesetzes vorstellte, das ziemlich genau 35 Jahre später erneut Schlagzeiten machen sollte. Vergangene Woche wurde bekannt, dass der US-amerikanische Geheimdienst National Security Agency (NSA) auf ein riesiges Datenkonvolut von US-Bürgern und Nicht-US-Bürgern zugreifen darf. Die juristische Basis für das Vorgehen der Geheimdienste liefert der “Foreign Intelligence Surveillance Act” (FISA), der 1978 mit der Unterschrift von Präsident Jimmy Carter in Kraft getreten war.

Das Gesetzeswerk regelt die Bedingungen unter denen die physische und elektronische Überwachung von Nicht-US-Bürgern eingeleitet werden kann, wenn diese für die nationale Sicherheit der USA relevant sind. In den Anfangsjahren waren US-Bürger von der Überwachung ausgeschlossen – der 4. Verfassungszusatz schützt US-Bürger vor staatlichen Übergriffen. Im Laufe der Zeit wurden allerdings auch mehr und mehr Ausnahmen hinzugefügt, die unter bestimmten Umständen auch die Überwachung von US-Bürgern ermöglicht.
Vom Patriot Act bis zu Obamas Amtsübernahme

Die erste relevante Ausweitung der Kompetenzen unter FISA geschah 2001, als unter dem Eindruck der Angriffe auf das World Trade Center der “Patriot Act” in Kraft trat. Dieses Gesetzt weitete unter dem Argument der Terrorbekämpfung die Zugriffsmöglichkeiten von Geheimdiensten massiv aus.

Zu einer weiteren Stärkung der Geheimdienstbefugnisse kam es 2007, als mit dem Protect America Act, die Überwachung von US-Bürgern im Ausland möglich wurde. Auch nach der Wahl Barack Obamas zum Präsidenten gab es keine Einschränkungen des FISA.
Das geheime Gericht

Die konkreten Überwachungspläne müssen von dem zugehörigen Gericht, dem Foreign Intelligence Surveillance Court (FISC) abgesegnet werden. Das Gericht tagt in einem schwer bewachten und fensterlosen Raum im Justizministerium in Washington. Ihm gehören insgesamt elf Bundesrichter an. Drei von ihnen müssen aus der Nähe von Washington kommen und einer der Richter ist jeweils in Bereitschaft. So soll die Funktionsfähigkeit des Gerichtes zu jeder Tages- und Nachtzeit garantiert sein, berichtete die Süddeutsche Zeitung in ihrer Samstagsausgabe.
Ein Bericht und viele Geheimnisse

Der FISC erstattet dem US-Kongress einmal jährlich über seine Tätigkeiten Bericht, muss dabei allerdings lediglich mitteilen, wie viele Überwachungsansuchen genehmigt wurden. Vergangenes Jahr habe es insgesamt 1.856 FISA-Ansuchen gegeben, berichtet die New York Times. Das entspricht einem Anstieg von sechs Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Wie viele davon abgelehnt wurden ist nicht bekannt. Die aktuellsten Zahlen diesbezüglich stammen aus dem Jahr 2005: Damals sind lediglich eine Handvoll von insgesamt 18.761 Anfragen nicht genehmigt worden.

Die durch Recherchen des Guardian bekannt gewordene Weitergabe von Verbindungsdaten des US-Telefonanbieters Verizon an den Geheimdienst NSA war durch dieses Gesetz gedeckt und auch vom FIS-Gericht genehmigt. Auch der Zugang zu den Servern von neun US-basierten Internetfirmen soll über FISA juristisch gedeckt sein. Die Technologiefirmen hätten der NSA aufgrund von FISA-Anfragen Zugang zu ihren Daten gewähren müssen, wie die New York Times berichtete. (mka, derStandard.at, 10.6.2013)
New York Times: Tech Companies Concede to Surveillance Program
Guardian: The NSA-Files

http://derstandard.at/1369363211844/Das-Gesetz-zur-Ueberwachung

1 comment

Leave a comment